19. Dezember: Dukkha umarmen

Beginn: 18:45 Uhr

Meditation im Sitzen und Gehen.

Lesung: Heute werden wir ein Kapitel aus „Bekenntnisse eines ungläubigen Buddhisten“ von Stephen Batchelor (Mitbegründer des Bodhi College) hören. Nach dem schönen Vortrag Theos letzte Woche über den edlen Achtfachen Pfad, schließt sich zum Jahresende noch etwas sehr Grundlegendes an. Im Kapitel „Das Leiden umarmen“ entwickelt Stephen eine interessante Sichtweise auf die vier edlen Wahrheiten Buddhas, die er als vier edle Aufgaben übersetzt und den edlen Achtfachen Pfad:

„In dieser Lehrrede (über die vier edlen Wahrheiten, Rü) beschreibt er sein Erwachen eindeutig als Ergebnis, vier Aufgaben erkannt, ausgeübt und vollzogen zu haben:
1. Leiden vollkommen verstehen
2. Begehren loslassen
3. das Erlöschen [von Begehren] erfahren
4. einen achtfachen Pfad kultivieren
Diese Vier Edlen Wahrheiten sind, wie Ñānavira es ausdrückt, ‚die höchsten Aufgaben, zu denen ein Mensch fähig ist‘. (S. 196 f.)

„In der Praxis ist der achtfache Pfad keine gerade Linie von A nach Z, sondern eine komplexe rückgekoppelte Schleife, die immerzu erneuert und wiederhergestellt werden muss. Wenn Sie Achtsamkeit und Konzentration (d. h. die Stufen sieben und acht) erreicht haben, bedeutet das nicht, dass Sie am Ende des Pfades angelangt sind. […] Der Pfad liegt nicht da und wartet darauf, dass Sie auf ihm entlanggehen. Er muss entwickelt, genährt – wortwörtlich ‚ins Leben gebracht‘ – werden. Solch ein Pfad zeigt sich vielleicht in einem erhellenden Augenblick der Einsicht, geht aber verloren, wenn man ihn anschließend vernachlässigt. Der Glaube an einen Pfad allein reicht nicht. Man muss ihn erschaffen und in Stand halten. Die Praxis des achtfachen Pfades ist ein kreativer Akt.“ (S. 206)

Stephen Batchelor beschreibt Gotama hier als einen äußerst pragmatischen Lehrer, der einen gangbaren Weg gefunden hat, aus den Verstrickungen, die das Leben bereit hält, herauszufinden. Gehen müssen wir ihn selbst. „Die Vier Edlen Wahrheiten sind eher pragmatisch als dogmatisch. Sie schlagen einen Handlungsablauf vor, dem man folgen kann. Es sind keine Dogmen, die man glauben muss. Die Vier Edlen Wahrheiten sind Verhaltensanweisungen und keine Beschreibungen der Realität.“ (S. 197)

Der Abend verspricht wieder auf spannende Weise undogmatisch zu werden.

Nach der Lesung besteht Gelegenheit, über die Bedeutung der vier Edlen Aufgaben und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben können, zu sprechen.

Wir schließen den Abend mit einer kurzen Meditation mit Wertschätzung und Widmung ab.

Ende wird gegen 21:00 Uhr sein.

Wir freuen uns auf deine Teilnahme!

Bhāvanā – das Studienprogramm der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) bietet immer wieder interessante Kurse, Kolloquien etc. an. Vieles online, manches als Hybrid-Veranstaltung. Ein Blick auf die Homepage enthüllt das Programm für 2025.

____________________

Gedanken für die Woche

[…] Meditationen, die auf Ziele ausgerichtet sind, sind durch Gedanken ersonnene verstandesmäßige Meditationen. Wir tun nichts dergleichen.
Bleibt standhaft und fest in der Sicht, bleibt frei, belasst alle Wahrnehmungen der fünf Sinne in ihrem natürlichen Zustand. Meditiert nicht über etwas Bestimmtes, indem ihr denkt: „Dies ist dies und das ist das“. Wenn ihr „meditiert“, ist das der Verstand. Es gibt nichts, worüber man meditiern muss. Lasst euch nicht den Bruchteil einer Sekunde ablenken. Denn abgelenkt sein vom Ruhen im Gewahrsein selbst bedeutet bereits Verblendung. Seid daher nicht zerstreut! Gleich welche Gedanken entstehen, lasst sie entstehen; verfolgt sie nicht und versucht nicht, sie anzuhalten.
Vielleicht fragt ihr jetzt: „Was sollen wir dann tun?“ Bleibt in einem Zustand natürlicher Frische bei allem, was sich in der Welt der Phänomene manifestiert, ohne danach zu greifen, wie ein kleines Kind, das einen schön geschmückten Tempel anschaut. […] Wenn ihr die Welt der Erscheinungen durch Begehren und Anhaften nicht infiziert, dann ist sie zwar da, aber alle Erscheinungen und Gedanken werden sich erweisen als die unverhüllte, ursprüngliche Weisheit der strahlenden Leerheit.
– Dudjom Rinpoche: Die Klausur auf dem Berge. edition khordong im Wandel Verlag, 2016, S. 24

Dudjom Rinpoche (1904-1987) war Oberhaupt der Nyingma-Schule des tibetischen Buddhismus.
Er gilt als verwirklichter Dzogchen-Meister. Dudjom Rinpoche gründete 1980 ein Meditations- und Studienzentrum an der Dordogne in Frankreich, wo er auch starb.

____________________

Du kannst den Newsletter auch online lesen.

Auf Instagram sind wir ebenfalls zu finden, auf „X“ nicht.

Hinterlasse einen Kommentar