Karmapa Thaye Dorje in Bad Salzungen

Kurzbericht vom Besuch des Karmapas vom 14. bis 16. Juli 2023 in Bad Salzungen in der Werner Seelenbinder Halle und im Zentrum Dagpo Möhra

Weitere Termine 2023 Karmapas in Europa
21. Juli bis 23. Juli 2023 im buddhistischen Zentrum „Bodhi Path“ in Ulm-Renchen

28. bis 30. Juli 2023 im Karma Migyur Ling – Montchardon, Frankreich:
Liebe und Mitgefühl entwickeln indem wir den Fußstapfen der Bodhisattvas  folgen, Einweihungen: 1.000-armiger Chenresig und  Grüne Tara

11. bis 15. August 2023 im Dhagpo Kagyu LingDordogne, Frankreich

Erstmalig nach der „Coronapause“ gab es für Karmapa Thaye Dorje – einen der beiden zeitgleichen Linienhalter der tibetischen Karma Kagyü Tradition – die Gelegenheit, wieder nach Europa zu reisen. Zunächst besuchte er das Zentrum Dagpo Möhra in Thüringen und gab Unterweisungen im nahegelegenen Bad Salzungen. Begleitet wurde er unter anderem von Jigme Rinpoche und Gendün Rinchen. Nahezu 2.000 Dharmafreunde aus ganz Europa kamen angereist, um die Gelegenheit zu nutzen, Karmapa Thaye Dorje kennenzulernen bzw. wiederzusehen. Weitere europäische Termine finden sich in der linken Spalte.

Vorgenommen hatte er sich, Zufluchtnahme und das Bodhisattvagelübde anzubieten, was er auch tat. Eingerahmt wurde das Ganze mit Unterweisungen zu „Das Verhalten der Bodhisattvas in 37 Strophen“ von Gyalse Thogme Sangpo (1297-1371) und tiefgründigen Erklärungen über Renunciation (Entsagung).

Einen großen Teil seiner Vorträge beschäftigte er sich mit den Problemen, die das Coronavirus bereitet hat. Auch in den buddhistischen Gemeinschaften kam es zu großen Differenzen und Ausgrenzungen, je nach dem, welchem Lager sich Leute zugeordnet hatten. Karmapa legte Wert auf die Feststellung, dass auch diese Zeit auf unterschiedliche Weisen von Vergänglichkeit und Unbeständigkeit gekennzeichnet war und ist. Er entwickelt sogar eine „hoffnungsvolle“ Perspektiven, als er berichtete, wie sauber in der Hochzeit des Virus die Kanäle Venedigs wurden und man, kurz zuvor noch unvorstellbar, auf deren Grund sehen konnte. Er traute der Umwelt enorme Selbstreparaturkräfte zu. Natürlich bedeutet dies ein Umschwenken in großem Maße. Dass dies auch eine radikale Beschneidung wirtschaftlicher und politischer Interessen vor allem im globalen Norden (aber nicht nur dort) bedeutet, machte er allerdings nicht zum Bestandteil seiner Argumentation.

Wichtig schien Karmapa Thaye Dorje, im Zusammenhang mit den 37 Strophen zum Verhalten eines Bodhisattvas auf die Bedeutung von Entsagung (Renunciation) hinzuweisen. Es handele sich dabei nicht um eine selbstkasteiende Selbstbeschränkung, sondern um eine innere Haltung, die aus tiefer Einsicht (zum Beispiel in das Wesen von Shunyata) gespeist sein müsse. Schließlich gehe es in den 37 Strophen auch immer wieder um Handlungsweisen, die (aus Einsicht) besser unterlassen werden, um zum Wohle aller Wesen wirken zu können.

Längere Ausführungen machte er über das Sterben und die Frage der Wiedergeburt. Konkret äußerte er sich über Letzteres nicht, was dem Autor gefiel. Inhaltlich machte Karmapa Werbung für die Idee, dass Reinkarnation denkbar sei, angesichts dessen, was aufgrund der unendlichen Größe des Universums auf dem kleinen unbedeutenden Planeten Erde so alles möglich sei, trotz der Unwahrscheinlichkeit dessen. Insofern hat er denen, die mit der Idee der Wiedergeburt nichts anfangen können, ein Angebot gemacht und sie nicht gleich ausgeschlossen, denn wenn das Eine denkbar ist, kann auch das Andere nicht undenkbar sein. Ganz im Sinne Nagarjunas erläuterte er, dass weder Geburt noch Tod real seien. Insofern bestehe kein Grund zur Sorge. Es komme ohnehin auf den Inhalt des tatsächlichen Lebens an. Dann ergebe sich alles Weitere von selbst.
Diese Entspanntheit ist in der klerikalen buddhistischen Szene nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt, welchen Anfeindungen die Vertreter des säkularen Buddhismus zum Beispiel um Stephen Batchelor und dem Bodhi College von Ordinierten und Laien immer wieder ausgesetzt sind, wenn sie sich kritisch über die Annahme einer Wiedergeburt äußern. Karmapa bewies auch hier eine enorme innere Geräumigkeit und entspannte Toleranz.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Rituale der Zufluchtnahme und des Bodhisattvagelübdes. Außerdem gab er noch den Lung (tib. für Leseübertragung) in die Amitabha-Praxis. Karmapa machte sehr deutlich, wie sehr diese drei zusammengehören, verknüpft mit der Übung der 37 Strophen. Er empfahl dringend und überzeugend, täglich Zuflucht und Bodhicitta zu rezitieren und zu verinnerlichen.

Zum Schluss, am späten Nachmittag, ließ Karmapa es sich nicht nehmen, durch die langen Reihen zu gehen, um allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern persönlich seinen Segen zu übermitteln.

Dem Sangha von Dagpo Möhra ist es gelungen, ein tolles Wochenende zu organisieren. Viel Improvisationstalent wurde bewiesen, als es hieß, dass doch eine Mittagspause eingelegt würde und noch schnell noch mehr Verpflegung organisiert werden musste. Auch die Getränkesituation war sehr entspannt, was bei den hochsommerlichen Temperaturen sehr wichtig war.

Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!

Ganz besonderer Dank an Karmapa Thaye Dorje für seine Belehrungen und Unterweisungen, die von einem tiefen Mitgefühl und großer Offenheit geprägt waren. Seine herzliche, warme, nahbare und unkomplizierte Art zu lehren, ist beispielhaft.